Das April Highlight

IStGH, MICT, OPCW, IUSCT, IGH, PCA – 5 Tage Völkerrecht in Den Haag!

Den Haag ist die Stadt des Weltfriedens und ein Ort an dem viele Kulturen aufeinander treffen. Den International Gerichtshof (IGH) kennt wohl jeder, aber was die Stadt darüber hinaus zu bieten hat, ist häufig nur ansatzweise bekannt. Mit ELSA Hamburg, in Zusammenarbeit mit dem Institut für internationale Angelegenheiten, haben wir uns deshalb für eine Woche auf eine Erkundungstour des Völkerrechts begeben. Von Montag bis Freitag haben wie Einrichtungen unterschiedlichster Natur kennengelernt und interessante Unterhaltungen mit führenden Praktikern unternommen.

Nach unserer Anreise am Montag, mit einem kleinen Ausflug ans Meer (und für zwei ein Abstecher ins Meer), stand der erste volle Tag ganz im Zeichen des Völkerstrafrechts. Unsere Station: der Internationale Strafgerichthof (IStGH). Nach einer Sicherheitskontrolle waren wir im neuen Gebäude des IStGH, welches in drei Sektionen unterteilt ist: Staatsanwaltschaft, Richter/Gerichtssäle & Strafverteidigung. Im öffentlichen Bereich haben wir eine kurze Einführung erhalten, worauf ein Vortrag von einem Juristen folgte. Sehr viel Input ergab sich besondere für die jüngeren Teilnehmer, welche noch am Anfang ihrer Ausbildung stehen. Aber auch die Studierenden der Schwerpunkte mit völkerrechtlichen Bezügen kamen auf ihre Kosten. Trotz Absage einer terminierten Verhandlung hatten wir dort die Möglichkeit, den Gerichtssaals zu sehen. Nach einer Mittagspause zwischen Richtern und Angestellten haben wir uns mit einer Anwältin der Strafverteidigung in einem laufenden Verfahren getroffen. Sie hat über das Verhältnis zu ihrem Mandanten, die Verfahrensausmaße und die Hindernisse in einem internationalen Strafverfahren berichtet. In dem informellen Gespräch wurde sehr deutlich, dass die Arbeit viel mehr als nur ein juristische Fallbearbeitung umfasst. Als Abschluss des Tages hatten wir dann noch die Möglichkeit die konträre Sichtweise bei einem Gespräch mit dem deutschen Richter kennen zu lernen. Dieser berichtete über seinen Werdegang, die „Bewerbung“ als Richter und stand den Teilnehmern Rede und Antwort. Er verdeutlichte zudem, dass die Verfahren sowohl an den physischen als auch an den psychischen Kräften zäheren und diese alle Beteiligten langfristig beschäftigen, durchaus auch über das Urteil hinaus.

Nach einem eindrucksvollen ersten Tag, war der zweite von einem gemischten Programm geprägt. In thematischen Anknüpfung an den IStGH besuchten wir die prägendste Einrichtung für die internationale Strafgerichtsbarkeit. Der Internationaler Residualmechanismus für die Ad-hoc-Strafgerichtshöfe (MICT) verwaltet das Erbe des Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) und des Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda (ICTR). Obgleich beide Gerichtshöfe nicht mehr aktiv sind, fallen noch immer Aufgaben aus deren Zuständigkeitsbereichen dem MICT zu. Uns war es deshalb mögliche einen kleinen Ausschnitt einer Gerichtverhandlung zu sehen, welche aus einem Verfahren des ICTY stammt, welches auf Grund von Verfahrensfehlern neu aufgerollt wurde. Die Strafverteidigung und die Staatsanwaltschaft stritten über die Anhörung eines Zeugen unter Ausschließung der Öffentlichkeit. Nach kurzen Statements beider Seiten und einer noch kürzeren Beratung der Richter, wurde das Verfahren zu unserem Leid nicht öffentlich fortgesetzt. Nichts desto trotz konnten im Anschluss an die Verhandlung weitergehende Fragen durch eine Präsentation und Q&A Session beantwortet werden.

Gleich um die Ecke wurde es noch spannender. Beim Besuch der OPCW (Organisation für das Verbot chemischer Waffen), welche nach den Vorfällen in London und Syrien in aller Munde ist, konnten wir das weitestgehend unbekannte Organ genauer kennen lernen. In einem Gespräch mit einer Juristin haben wir erfahren, welche Tätigkeitsbereich sich innerhalb der Organisation bieten. Dabei ist erstaunlich, dass die juristische Abteilung sehr klein ist und sich mit vielerlei Fragen beschäftig, wie zum Beispiel auch dem Arbeitsrecht.

Der letzte Stopp an diesem Tag führte uns in ein Villenviertel, zu einem unscheinbaren und ungekennzeichneten Anwesen. Nur Kenner wissen, dass das Gebäude ein Tribunal beherbergt, welches lieber wenig Aufmerksamkeit wünscht. Das Iran-United States Claims Tribunal (IUSCT) beschäftigt seit 1981 mit Ansprüchen zwischen den beiden Ländern, welche infolge der zerrütteten Beziehung Ende der 70er Jahr entstanden sind. Besonders die Geiselnahme in der US-Botschaft in Teheran zwischen November 1979 und Januar 1981 stellt einen Höhepunkt in der bilateralen Geschichte da. Mit mehreren tausend Klagen ist das Tribunal noch immer mit der Aufarbeitung der Geschehnisse beschäftig, wobei mittlerweile nur noch 17 große Verfahren anhängig sind. Trotz der geringen Menge an Verfahren wird das Tribunal aller Voraussicht nach noch weitere Jahre existieren.

Der dritte Tag begann mit einem Besuch in der deutschen Botschaft. Das Team der Rechtsabteilung erklärte den Aufbau der Arbeit in einer Botschaft und welche Möglichkeiten eine solche Einrichtung im Rahmen der juristischen Ausbildung bietet. Ein Highlight war eine Urkunde, welche durch unseren Außenminister unterschieben war und in den nächsten Tagen durch den Bundespräsidenten gegengezeichnet wird.

Nach der Mittagspause war es endlich soweit: Der Friedenspalast öffnete für uns die Tore, welche übrigens von der BRD gespendet wurden. Das Gelände beherbergt aber nicht nur den IGH sondern unter anderem auch den Ständigen Schiedshof (Permanent Court of Arbitration – PCA) und eine der wichtigsten Bibliotheken des Völkerrechts. Dank der Zusammenarbeit mit Anne Dienelt mussten wir uns nicht für eine 0815 Tour anstellen, sondern konnten über eine separaten Eingang das Gelände betreten. Das Gespräch mit einem Juristen, welcher für einen Richter am IGH arbeitet, war nicht nur mein absolutes Highlight sondern auch von einer materiellen Tiefe geprägt. Fast zwei Stunden wurde uns aus der praktischen Sichtweise berichtet, welche sich doch oftmals stark von einer akademischen differenziert. Trotzdem konnten wir es uns nicht nehmen lassen, einen Blick in die weltbekannte Bibliothek zu werfen. Ein kurzer Vortrag zur Geschichte des Gebäudes und ein besondere Besuch des Archives, in dem sich viele Schriften des Vater des Völkerrechts Hugo Grotius befinden, versüßte uns die Wartezeit vor dem nächsten Highlight: ein Treffen mit einem deutschen Juristen am PCA. Dieser erklärte uns im Detail die Entstehungsgeschichte durch die Haager Friedenskonferenzen, die Aufgaben & Funktionen des PCAs und die aktuellen Entwicklungen. Wer den PCA bis dato noch nicht kannte, wurde vollumfänglich mit Informationen versorgt.

Selbstverständlich ist der Spaß bei allen Veranstaltungen nicht zu kurz gekommen. Insbesondere das nächtliche Zusammentreffen mit fast allen persönlichen Kontakten hat es allen ermöglicht einen besonderen Einblick der juristischen Möglichkeiten, inklusive aller Vor-/Nachteile eines solchen Lebens, zu erfahren. Alles in allem eine gelungen Veranstaltung.

P.S.: Wer nach diesem Programm noch Energie hatte, konnte sich mit dem „Königstag“ am Freitag und allen seinen Festlichkeiten belohnen, was wohl auch geschehen ist 😉

Maurus Wollensak

Direktor für Seminare & Konferenzen 2017/2018 bei ELSA-Hamburg e.V.